Birgit Schramm | Praxis für persönliche Entwicklung und Therapie

24.02.2021   Über die "scheinbare Auswegslosigkeit" - Anregungen zum Nachdenken

Mit Gedicht von Rilke über die Geduld.

Was bedeutet es, sich dem Fluss des Lebens hinzugeben? Was heisst es, ohne Macht, sprich ohn-mächtig zu sein? Die Natur kennt kein Ego. Sie übt keine Kontrolle aus und will nicht ständig dies und das......Wir Menschen befinden uns jedoch ständig im Konflikt mit unserem Ego und versuchen unser Leben zu steuern, zu planen und zu kontrollieren. Das kann auf Dauer sehr anstrengend sein.

Wir Menschen streben nach Sicherheit und haben manchmal Schwierigkeiten loszulassen. Loszulassen von Vertrautem, von Gewohntem, von etwas Lieb-gewordenem.....Dieses Festhalten kostet aber viel Energie und führt oft zu innerer Anspannung, sodass sich das Leben schwer und erschöpfend anfühlt. Wie kann es demnach leicht gehen? Wie können wir in den Fluss des Lebens eintauchen?
Das Zauberwort heisst Hingabe. Aber dazu braucht es Mut. Mut, sich neuen Situationen auszusetzen, nicht zu wissen was kommt.
Und das auszuhalten......

Die Impasse - ein Begriff aus der Gestalttherapie

bedeutet Sackgasse oder "the clouds of the unknowing".  Wenn es nicht mehr weiter geht, dann geht es darum die Leere auszuhalten, die aber nur scheinbar nahezu sinnlos ist. Verwirrung taucht auf und Angst beherrscht das Ego. Es entsteht eine Lücke zwischen dem, was Vertraut war, dem Jetzt und der Zukunft. Wir können zwar zu den alten Rollen zurückkehren, jedoch findet dort kein Wachstun statt. Gib Dich dem fruchtbaren Vakuum hin und nimm das Risiko auf Dich - zu WERDEN, der DU bist. Ergib Dich dem Prozess und vertraue auf Deinen Weg und den Lebensstrom, der Dich tragen wird. Und das heisst nicht, dass es einfach ist oder Trauerarbeit um das Losgelassene erfordert.

Und es braucht Geduld, wie auch Reiner Maria Rilke in seinem wunderbaren Gedicht schreibt.

Über die Geduld

Man muß den Dingen
die eigene, stille,
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt,
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann;
alles ist austragen – und
dann gebären ….

Reifen wie der Baum, der seine
Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen
des Frühlings steht,
ohne Angst,
daß dahinter kein Sommer
kommen könnte.

Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den
Geduldigen,
die da sind, als ob die
Ewigkeit vor ihnen läge,
so sorglos still und weit …

Man muß Geduld haben
für das Ungelöste im Herzen,
und versuchen, die Fragen
selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer
sehr fremden Sprache
geschrieben sind.

Es handelt sich darum,
alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antwort hinein.


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